Einen sehr ungewöhnlichen Fall hatte das OLG Hamm zu entscheiden (Beschluss vom 11.05.2021, Az.: 4 RBs 124/21 = https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2021/4_RBs_124_21_Beschluss_20210511.html).
Wegen fehlender ordnungsgemäßer Unterschrift unter dem Urteil hob das Gericht das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache an das Amtsgericht zurück. Die vorliegende Unterschrift der Richterin habe nicht den Anforderungen entsprochen, die die Rechtsprechung an Unterschriften stelle.
Zitat:
„Der erkennende Richter hat das von ihm verfasste schriftliche Urteil zu unterschreiben (§ 275 Abs. 2 S. 1 StPO), was einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug erfordert, der sich nicht nur als Namenskürzel (Paraphe) darstellt, sondern charakteristische Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen aufweist und die Nachahmung durch einen Dritten zumindest erschwert. Dazu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Schriftgebildes; ausreichend ist vielmehr, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschrift kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann. Das setzt allerdings voraus, dass mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sind, weil es sonst am Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt. Diese Grenze individueller Charakteristik ist insbesondere bei der Verwendung bloßer geometrischer Formen oder einfacher (gerader oder nahezu gerader) Linien eindeutig überschritten, die in keinem erkennbaren Bezug zu den Buchstaben des Namens stehen (st. höchstrichterliche und obergerichtliche Rspr., vgl. nur: OLG Hamm, Beschl. v. 20.12.2016 – III-1 RVs 94/16 – juris m.w.N.).
Das vorliegende Urteil weist am Ende ein händisches Zeichen auf, welches etwa einer im 45 Grad-Winkel nach links unten zeigenden Pfeilspitze ähnelt. Wenn man überhaupt in dieses Zeichen Buchstaben hineininterpretieren wollte, so könnte es sich um ein gekipptes „V“ als Großbuchstabe, ein gekipptes „L“ als Großbuchstabe oder ein „C“ als Großbuchstabe handeln. „V“ und „C“ kommen überhaupt nicht im Namen der im Rubrum genannten Richterin vor, ein „L“ jedenfalls nicht am Namensanfang als Großbuchstabe. Jemand, der den Namen der erkennenden Richterin kennt, kann aus dem Zeichen weder den Namen noch einzelne zum Namen gehörende Buchstaben herauslesen.“
Der betroffenen Richterin kann als Trost mitgegeben werden, dass nach vollständiger Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs mit elektronischer Aktenführung das o.g. Problem der Vergangenheit angehören wird. Urteile sind dann immer qualifiziert elektronisch zu signieren, so dass eine „Analyse“ von Paraphen wie durch das OLG Hamm im obigen Fall nicht mehr erfolgen muss.