Einen interessanten Fall abseits des IT-Rechts hatte das Amtsgericht Bocholt, Urteil vom 06.02.2014, Az.: 21 C 65/13, (http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/muenster/ag_bocholt/j2014/21_C_65_13_Urteil_20140206.html) zu entscheiden. Ein alltäglicher Fall: die Eltern wollen der Tochter zum Geburtstag den Führerschein schenken. Sie gehen zur Fahrschule und bezahlen 1.800,00 Euro und erhalten hierfür einen Gutschein, auf dem allerdings die Zahl der Fahrstunden à 45 Minuten für den Führerschein Klasse B nicht eingetragen war. Nach Abschluss der Fahrstunden stellt die Fahrschule der Tochter die Gesamtkosten von rund 3.300 Euro in Rechnung und zieht den Gutschein im Wert von 1800 Euro ab. Die Tochter ist der Ansicht, dass sämtliche Kosten durch den Gutschein erledigt seien. Es kommt zum Rechtsstreit über den Differenzbetrag.
Das Amtsgericht Bocholt unterscheidet in seiner Entscheidung drei Vertragsverhältnisse. Zum einen das Verhältnis zwischen Fahrschule und Tochter. Zum anderen das Verhältnis von Fahrschule zu den Eltern und schließlich die Schenkung zwischen Eltern und Tochter.
Das Amtsgericht verweist in der Begründung darauf, dass die Tochter von der Fahrschule bei Abschluss des Ausbildungsvertrages nicht darauf hingewiesen worden sei, dass der Gutschein limitiert sei. Der Inhalt des Gutscheins sei eine Leistungsbeschreibung und daher eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die im Zweifel zu Lasten des Verwenders auszulegen sei (§ 305 c Abs. 2 BGB). Da eine Limitierung des Gutscheins nicht aufgeführt sei, gelte dieser als unbegrenzte Deckungszusage für den Führerschein der Tochter. Dafür spreche nach Ansicht des Gerichts, dass die Tochter auch keinen Erstattungsanspruch gehabt hätte, wenn sie den Führerschein sehr schnell mit wenig Fahrstunden geschafft hätte. Ob im Verhältnis der Fahrschule zu den Eltern eventuell eine Nachschusspflicht der Eltern bestehe, sei im Vertragsverhältnis zwischen Fahrschule und Eltern zu klären und nicht im Verhältnis zwischen Fahrschule und Tochter. Dass dieser unbegrenzten Deckungszusage möglicherweise Wettbewerbsrecht entgegenstehe, berühre nicht das Verhältnis zum Endkunden, sondern das Verhältnis der Fahrschule zu den Mitbewerbern.
Wenn auch die Entscheidung des Amtsgerichts Bocholt insgesamt schlüssig begründet ist, verfängt gerade das letztgenannte Argument bezüglich der möglichen Wettbewerbswidrigkeit nicht. Denn es geht um die Frage der Auslegung des Wortlautes des Gutscheines. Diese Auslegung ist zwar aus Sicht des Erklärungsempfängers vorzunehmen. Ob allerdings ein Fahrschüler die Erwartung hat und haben kann, auch in den Genuss unzulässiger, weil wettbewerbswidrig versprochener Leistungen zu kommen, ist eher anzuzweifeln. Andererseits stellt es jedoch ein klares Versäumnis der Fahrschule im vorliegenden Fall dar, den Gutschein nicht auf die Zahl der sich rechnerisch ergebenden Gesamtfahrstunden für den gezahlten Preis begrenzt zu haben. Wäre dies der Fall gewesen, hätte die Fahrschülerin von vorneherein nur Anspruch auf kostenlose Nutzung der angegebenen Zahl der Fahrstunden gehabt. Das Fehlen der Angaben zu diesem wesentlichen Punkt hat letztlich den Ausschlag dafür gegeben, dass die Klage der Fahrschule vorliegend abgewiesen wurde.